"Zu früh, zu abgedreht, ihrer Zeit voraus" – So beschreibt Jürgen Wernhardt, ehemaliger Chef der Zeitschrift für Jugendkultur Cover - jemand also, der es wissen muss - die Tragik der Partyreihen StereoKlub und Drunken Kitten Club. Ferner betitelt Wernhardt die Protagonisten der Partyreihen als "Miterfinder"des Indie Rock in Deutschland, deren Soundideen erst fünf, vielleicht sogar zehn Jahre später wirklich für die Masse interessant wurden.
Die Geschichte der
beiden Partyreihen beginnt im von der Anti-Atomkraft-Bewegung hart umkämpften Siegener
Norden, wo Alexander B. (StereoKlub) und Marco „Maggo“ S. (StereoKlub) sowie Σαλ Π. (DKC) und Rodderick D. (DKC) im Punk-Jahr 1978 ihre jeweiligen Partyreihen
gründen.
Sie experimentieren zunächst mit allerlei Geräuschen, wobei B. schnell die Idee des Samplings
entwickelt. Später treten sie in Jugendzentren auf und behelfen sich mit selbst
gebastelten Mischpulten und Plattenspielern.
Das Tape
kombiniert auf vorher ungekannte Weise die rohe Energie des Punk mit einigen
ausufernden Facetten des Psychedelic Rock. 'Sex Pistols meets The Nice' könnte
man wohl sagen. Allerdings sind die Stücke noch sehr schlicht produziert.
Im Spätherbst
1981 reüssieren schließlich auch die Protagonisten aus dem Hause Drunken Kitten
mit ihrem ersten großen Wurf, der Langspielplatte „Wind-Song-Church-Hill“, die
ihnen nicht nur eine größere Hörerschaft, sondern auch Auftritte im ganzen Land
sowie im internationalen Raum bescheren. Noch lange nach Erscheinen bedienen sich Britpop
und Indie-Produzenten an der Fülle von Ideen, die sich auf diesem Album verbergen.
Teile des Tracks "Fahrenheit" machen in den 90ern Oasis "Don’t look back in Anger" zum
Hit. Ein Snippet aus "English Rose" avanciert in den 2000ern zum
Jingle von Deutschlands größtem Telekommunikationsanbieter.
Der Zusammenschluss: StereoKlub & Drunken Kitten Club werden eins
Mitte der Neunziger findet schließlich zusammen, was zusammen gehört: Es kommt zur Fusion der beiden Lager und somit zur Gründung einer neuen Super-Group, die fortan den Namen The Arcan Doors tragen soll.
Dann allerdings, in der Stunde des größten Erfolges, schließt sich 1996 die LP " Fin de Siècle"an, die den einsetzenden Niedergang der Super-Group dokumentiert. Während der Aufnahmen kommt es zu Konflikten innerhalb der Gruppe, woraufhin die Plattenfirma externe Produzenten und Komponisten einsetzt.
Zu viele Köche verderben bekanntermaßen aber schnell den Brei...
Den endgültigen
Todesstoß verpasst der Super-Group ein Auftritt im Berliner Club „The Old Ritz“ im
Frühjahr 1997. Ein Kurzschluss an einem überhitzten Drumpad entfacht ein Feuer,
das den Club bis auf die Grundmauern niederbrennt. The Arcan Doors verlieren ihr komplettes Equipment und trennen sich
kurze Zeit später.
StereoKlub & Drunken Kitten Club – Angekommen in der Gegenwart?
Nun - gut 18 Jahre später - hat Clubbetreiber Phil B. die ehemaligen Gruppenmitglieder aufgespürt, um sie ein allerletztes Mal auf der Bühne zusammen zu bringen.
Die Protagonisten
in den letzten Winkeln der Welt aufzuspüren, war indes eine alles andere
als einfache Aufgabe: „Ich hatte vieles erwartet, verrät B., "dass es allerdings solche Ausmaße annehmen würde, hätte ich nicht gedacht".
Doch wie haben die Party-Akteure die letzten 18 Jahre verbracht?
Σαλ Π.
Denker, Dada-Stegreif-Poet & Seriendarsteller
Nach dem Ende der Group widmet sich Σαλ zunächst der Schrifstellerei. Er verfasst eine sieben Bände umfassende Abhandlung über das Leben des Ovid, die allerdings der Zensur zum Opfer fällt und nur über eine frühe Versions des Darknets vertrieben wird.
In der Folge wird er allerdings ein im Untergrund gefeierter Stehgreif-Poet. Seine teils ins Abstrakte abgleitenden Limmericke erhalten Ende der 2000ern sogar einen eigenen Köchelverzeichnis-Eintrag.
Vor einigen Jahren wechselt Π. dann ins Fernseh-Business und gibt sich auch dort gewohnt unangepasst: An der Seite von Axel Prahl und Jan Josef Liefers spielt er den Alt-Aktivisten und Vater des Serien-Kommissars Frank Thiel in der Müsteraner Ausgabe der ARD-Familiensendung Tatort.
Marco "Maggo" S.
Betreiber des Internetcafés "Easy Chat" im Nordosten Berlins
„Maggo“ S. will nach
der "ersten Karriere" ebenfalls nichts mehr mit der Musik zu schaffen
haben. Inspiriert von den großen Vorbildern aus Übersee, beschließt er zunächst
ein Softwareunternehmen zu gründen. Dies kann allerdings aufgrund unwilliger
Kapitalgeber nicht realisiert werden.
Seine Wut gegenüber dem Großkapital und
dessen Willkür treibt ihn schließlich in die Arme eines Hacker-Kollektivs, zu
dem angeblich auch Größen wie etwa Hardware-Hanspeter und Bios-Bernhard zählen.
Auch weiterhin bleibt
er ein Tüftler und treibt dabei beispielsweise die Entwicklung dieser nützlichen Suchmaschinen-Abfrage voran.
Nach seinem Umzug
nach Berlin eröffnet er unter dem Namen „Easy Chat“ (das einfache Gespräch) schließlich
ein hoch frequentiertes Internetcafé im Stadtteil Prenzlauer Berg, wo er neben
den üblichen Leistungen auch Excel-Kurse für werdende Mütter anbietet. 2013
wird sogar ein Shortcut nach ihm benannt.
Alexander B.
Dozent für neue und allerneuste Musik an der Hochschule Rotenburg/Wümme
Und auch abseits seiner Forschungstätigkeit bleibt B. musikalisch aktiv: Mit seiner Band 'Trio de Sauvages', zu Deutsch: 'Trio der Wilden', experimentiert er unter anderem mit den mannigfaltigen Möglichkeiten des Obertongesangs. Neben den viel beachteten Werken 'Schreie' und 'Schreie 2' wird vor allem das Lied 'train électronique', das lediglich aus selbst aufgenommenen Eisenbahn-Geräuschen besteht, als Opus Magnum angesehen.
Rodderick "Roddy" D.
Schlagerinterpret in einem mallorquinischen Strandlokal
Roddy D. versucht sich
zunächst im Wett-Geschäft und entwickelt die sogenannten Progressiv-Wette
maßgeblich weiter. Als er sich jedoch wegen verschobener Drittliga-Spiele auf der Anklagebank wiederfindet, flüchtet er über ein Garagendach aus dem
Gerichtssaal, um den wartenden Journalisten zu entfliehen.
Danach steht fest: Er muss das Land verlassen. Eine neue
Existenz beginnt er sich fortan auf der beliebten Urlaubsinsel Mallorca
aufzubauen, wo er als Schlagerinterpret in einem Strandlokal in der Ortschaft El Arenal allabendlich auftritt. Er selbst schmückt sich seit einiger Zeit mit dem Titel "der Prinz von Palma".
Nach einer strapaziösen, gut viermonatigen Reise von Siegen über Berlin nach Palma und zurück scheint Phil B. das Unmögliche nun tatsächlich möglich zu machen:
Die Party-Raketen von StereoKlub & Drunken Kitten Club werden am 23.12. ein allerletztes Mal abgefeuert werden!
Bis dahin wird fleißig geübt, ge-beat-matched und gemixt .. denn den Trainingsrückstand gilt es schnellstens aufzuholen.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Thiel_und_Boerne
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Middelhoff
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Katze_auf_dem_hei%C3%9Fen_Blechdach_(Film)
http://www.laut.de/Fraktus
https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Prenzlauer_Berg
http://www.vortex-surfer.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Supergroup